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Nicht mehr lange und der CSD naht, aber wie steht es um die queere Lebensrealität?

Das Team vom CSD berichtet über die gesellschaftliche Entwicklung

Viel Bewegung rund um queere Themen

Nicht mehr lange und der fünfte Christopher Street Day (CSD) findet in Herne statt (halloherne berichtete). Zeit für eine Bilanz, wie es um die queere Lebensrealität von Menschen in Herne steht. Im Gespräch mit halloherne-Redakteurin Julia Blesgen berichten Mitglieder des CSD-Orgateams, was sich in den vergangenen Jahren getan hat und vor welchen Herausforderungen die Community derzeit steht.

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Bis 2019 kein Angebot für queere Menschen in Herne

Bis 2019 habe es in Herne nahezu keinerlei Jugendarbeit, keine Beratungsstellen und kein kulturelles Angebot für queere Menschen gegeben. Erst mit Gründung des Queeren Jugendforums Herne/Wanne-Eickel in den Räumen des Stadtteilzentrums Pluto an der Wilhelmstraße änderte sich dies. Erstmals gab es ein Angebot für junge queere Menschen in Herne.

„Wir feiern dieses Jahr unseren fünften Geburtstag. Mittlerweile können wir den jungen queeren Personen ein vielfältiges Angebot aus Aktionen, Veranstaltungen und Zusammensein bieten“, so Laron Janus, der das Forum gegründet hat.

Auch innerhalb der Stadtgesellschaft habe sich einiges getan. Mittlerweile gibt es den queeren Arbeitskreis, der mit Filmvorführungen und weiteren Veranstaltungen queere Menschen in Herne ansprechen will. Ferner trage der immer größer werdende Christopher Street Day (CSD) zu mehr Akzeptanz in der Bevölkerung bei.

Der queere Sportverein SC AufRuhr

Bis 2019 habe es in Herne nahezu keinerlei Jugendarbeit, keine Beratungsstellen und kein kulturelles Angebot für queere Menschen gegeben.

Was vielen Hernern wahrscheinlich gar nicht bekannt ist, ist, dass es seit 1991 den queeren Sportverein SC AufRuhr gibt, bei dem besonders Herner Schwimmer super erfolgreich sind. „Wir sind ein queerer Sportverein im Ruhrgebiet mit über 230 Mitgliedern. Wir bieten unseren Mitgliedern neben Schwimmen Sportarten wie Badminton, Tischtennis, Bowling, Fußball, Laufen, Radfahren, Tanzen und Volleyball an“, erklärt Elisa, die neben ihrer Tätigkeit beim CSD-Team auch im Sportverein AufRuhr aktiv ist.

Ambivalenz zwischen Akzeptanz und Hass

„Wir erleben gerade, dass es viel Bewegung rund um queere Themen in Herne gibt. Es scheint, dass es auch eine immer größer werdende gesellschaftliche Akzeptanz für queere Lebensentwürfe gibt und nun deutschlandweit endlich die überfälligen gesetzlichen Erneuerungen anstehen. Dennoch ist es noch ein langer Weg, bis sich eine Akzeptanz für queere Themen in allen Köpfen verankert hat“, sagt Christian Koßek vom CSD-Team.

Weiter führt er aus: „Denn es gibt bei aller Weiterentwicklung auch einen immer größer werdenden Populismus und eine ganz neue Welle von Hassqualität gegen queere Menschen. Das ist besorgniserregend.“

Ähnlich sieht es auch Laron Janus: „In meinem Umfeld waren alle sehr früh sehr besorgt. Ich war immer relativ überzeugt davon, dass die positive Entwicklung der Rechte von queeren Personen eine unverrückbare Entwicklung ist, doch mittlerweile bin ich besorgt. Ich mache mir Sorgen, dass Queerfeindlichkeit einen immer größeren Raum einnehmen könnte.“

Sorgen aufgrund populistischer Parteien

Queerfeindlichkeit nimmt nicht nur in den sozialen Medien zu.

Sorgen bereiten dem CSD-Team auch populistische Parteien wie die AfD, die mit ihrer Rhetorik zu einer Verschärfung des Klimas beitragen. „Hass vergiftet das Klima und dann ist kein normaler Meinungsaustausch mehr möglich“, so Janus weiter. „Wenn wir überlegen: Vor ein paar Jahren gab es neue Parteien wie die Piraten, die damals eine digitale Revolution voranbringen wollten und heute haben wir mit der AfD, den freien Wählern und dem Bündnis Sahra Wagenknecht Parteien, die für - sagen wir mal - sehr konservative Werte stehen.“

Queerfeindlichkeit in den sozialen Medien

Ebenso ist das CSD-Team besorgt über die Queerfeindlichkeit in den sozialen Medien. Deshalb haben sie die Debatte um Desinformationen über die algerische Boxerin Imane Khelif während der Olympischen Spiele genau verfolgt (Anm. d. Red.: Aufgrund des schnellen Sieges über die Italienerin Angela Carini wurde behauptet, Khelif sei eine Transfrau). „Diese widerliche Diskussion um die Boxerin ist einfach gruselig. Es ist eine ganz schlimme Entwicklung, die sich teilweise in den sozialen Medien abspielt“, macht ein weiteres Mitglied des CSD-Teams deutlich.

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Dies ist auch ein Grund, warum der CSD für die Veranstalter so eine Herzensangelegenheit ist. Hier stehen ganz viele Menschen Seite an Seite gegen Queerfeindlichkeit und für die Sichtbarkeit queerer Realitäten. „Wir dürfen nicht vergessen, dass es hier um Menschenrechte geht. Jeder Mensch hat das Recht auf ein selbstbestimmtes, freies und glückliches Leben. Dafür wollen wir uns einsetzen“, so Christian Koßek abschließend.

Freitag, 23. August 2024 | Autor: Julia Blesgen