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Gerichtsverhandlung 'Die Ermittlung' im Kino

Vier Stunden sind ein Klacks

Update, Donnerstag (8.8.2024)

Läuft weiterhin im Casablanca Bochum, im Eulenspiegel Essen und im Metropol Düsseldorf

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Der Kinotext

Vier Stunden im Kinosessel sind eine Zumutung – und können zur Tortur werden wie vier Stunden Richard Wagner demnächst wieder in Bayreuth. Am Donnerstag, 25. Juli 2024, kommt ein Film in die Kinos, der über 240 Minuten eine Gerichtsverhandlung dokumentiert, ohne ein Gerichtsfilm zu sein: „Die Ermittlung“.

Um es gleich vorwegzunehmen: die Zeit bei der Kölner Pressevorführung verging einschließlich längerer Halbzeit-Pause wie im Fluge! Was am brisanten Thema liegt, aber auch am hochdifferenzierten Spiel eines herausragenden Ensembles, das jedem der 18 Angeklagten, vor allem aber jedem der 39 namenlosen Zeugen Gesicht und Stimme verleiht.

Regisseur Rolf Peter Kahl hat das gleichnamige Theaterstück von Peter Weiss aus dem Jahr 1965 mit 60 Schauspielern für die Kinoleinwand inszeniert. Das „Oratorium in 11 Gesängen“ des deutsch-schwedischen Schriftstellers, der am 8. November 1916 in Nowawes bei Potsdam geboren wurde und am 10. Mai 1982 in Stockholm starb, basiert auf persönlichen Aufzeichnungen, Zeitungsartikeln und Protokollen des ersten Frankfurter Auschwitz-Prozesses (1963 bis 1965). In unmissverständlich klarer Sprache zu einem lyrischen Klagegesang verdichtet und montiert, konfrontiert das Stück Täter und Opfer und lässt das Grauen in Auschwitz spürbar werden.

Kleine Rädchen im Getriebe

Im Zentrum des 1965 uraufgeführten Stücks wie des Films stehen ein Richter (Rainer Bock), ein Verteidiger (Bernhard Schütz) und ein Ankläger (Clemens Schick), die im Rahmen der Verhandlung auf 28 Zeugen treffen, die von ihren Erlebnissen und Beobachtungen in Auschwitz berichten. Weitere elf Zeugen der ehemaligen Lagerverwaltung sagen vor Gericht aus.

Die 18 Angeklagten werden im Prozess mit Beschreibungen der Zeuginnen und Zeugen konfrontiert und sollen Stellung beziehen. „Uns wurde das Denken abgenommen, das taten andere für uns“: Wie erwartet behaupten alle, nur kleine Rädchen im Getriebe oder Befehlsempfänger ohne Alternative gewesen zu sein. Einige behaupten sogar, passiven Widerstand geleistet zu haben.

Christiane Paul gibt der anonymen Häftlings-Zeugin Nummer 9 ein Gesicht und eine Stimme.

„Die Ermittlung“ ist ein künstlerisch radikales Projekt, das Kino, Theater und neueste Broadcast-Techniken vereint, um einen zeitgemäßen Beitrag zur Erinnerungskultur zu leisten. Nach einer intensiven, vierwöchigen Probenzeit haben 60 Schauspieler den Text von Peter Weiss für die Kinoleinwand zum Leben erweckt. An insgesamt fünf Drehtagen wurden vom 21. bis 25. August 2023 die einzelnen Gesänge mit einem ausgefeilten visuellen Konzept in jeweils nur einer Einstellung gedreht – eingefangen von insgesamt acht Kameras in einem Raum des Studios Berlin-Adlershof, in dem ansonsten große Shows produziert werden.

Emotion und Versöhnung

Während es im Film zuvor nur vereinzelte skizzenhafte Sounds von Matti Gajek zu hören gibt, erklingt am Schluss mit „Lento e Largo – Tranquillissimo“ ein Gesangsstück aus Henryk Góreckis Symphony No. 3, interpretiert von der Portishead-Stimme Beth Gibbons. Der Regisseur RP Kahl im Leonine-Presseheft: „Wir wollten dem Publikum erlauben, in eine gewisse Form von Emotion und Versöhnung einzusteigen, vorausgesetzt, man will es.“

Neben den drei Protagonisten sind auch die anderen Rollen hochkarätig besetzt, die Zeugen u.a. mit Marek Harloff, André Hennicke, Robert Hunger-Bühler, Nicolette Krebitz, Peter Lohmeyer, Karl Markovics, Christiane Paul, Andreas Pietschmann, André Szymanski und Sabine Timoteo, die Angeklagten u.a. mit Thomas Dehler, Ronald Kukulies, Torsten Ranft, Michael Schenk, Arndt Schwering-Sohnrey und Till Wonka.

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Zum Kinostart am Donnerstag, 25. Juli 2024 läuft „Die Ermittlung“ zu bestimmten Zeiten im Casablanca Bochum, im Eulenspiegel Essen und im Metropol Düsseldorf.

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  • Donnerstag, 25. Juli 2024
Donnerstag, 25. Juli 2024 | Autor: Pitt Herrmann