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Sabine von der Beck.

Stellungnahme

von der Beck zum Herner Dieselgipfel

Die Grüne Herner Bundestagskandidatin Sabine von der Beck nimmt zum Dieselgipfel der Stadt Herne vom Freitag (8.9.2017) wie folgt Stellung: "Die Grünen bewerten den Gipfel als Show-Veranstaltung ohne Ergebnisse, die ein Dieselfahrverbot verhindern könnten. Nichtsdestotrotz sollte man die angebotenen Millionen nutzen, um ohnehin fällige Mobilitätsprojekte – möglichst in enger Abstimmung mit allen Ruhrgebietskommunen – schnellstmöglich voran zu bringen.

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Wegen der deutlichen Überschreitungen der Grenzwerte für Stickoxide hat die Deutsche Umwelthilfe (DUH) Klage gegen rund 40 Städte angekündigt, darunter auch die Stadt Herne. Die DUH will erreichen, dass konkrete Maßnahmen eingeleitet werden, die die Einhaltung der gesetzlichen Grenzwerte garantieren und damit den Gesundheitsschutz der Herner Bürger gewährleisten. Aufgrund bereits entschiedener Klagen der DUH vor deutschen Gerichten, könnte dies zu Fahrverboten führen, wenn nicht schnell und überzeugend andere wirksame Maßnahmen ergriffen werden.

Doch bereits die einführenden Worte des Oberbürgermeisters Frank Dudda beim Dieselgipfel führten zur Verwunderung. Wurde doch der Deutschen Umwelthilfe (DUH) die Schuld an dieser Misere zugeschrieben. Angeblich würde sie ergriffene Maßnahmen nicht berücksichtigen und auch die Folgen für die örtliche Wirtschaft und das öffentliche Leben seien ihr egal. Dieser Sichtweise treten die Grünen entschieden entgegen. Es war einst die Bundesregierung unter Helmut Kohl, die 1996 eine europaweite Luftreinhalterichtlinie mit erarbeitete, die schärfere Grenzwerte für Feinstaub und Stickoxide festsetzte. Mit der Verschärfung der Grenzwerte sollte der Gesundheitsschutz verbessert werden. Im Kabinett direkt zuständig war die damalige Bundesumweltministerin Angela Merkel.

Die Einhaltung der Grenzwerte sollte unter anderem durch bessere Filteranlagen in der Industrie und durch bessere Motoren für Autos erreicht werden. Gerade die Motorentechnik hat sich tatsächlich rasant entwickelt. Moderne Dieselmotoren emittieren tatsächlich deutlich weniger Schadstoffe. Allerdings gilt dies nur für den Nutzfahrzeugbereich, also Busse und Lkw. Im Pkw-Bereich werden bekanntlich Motoren mit Abschalt-Einrichtungen für Filter verbaut, so dass diese Motoren kaum sauberer geworden sind. Die Technik existiert – sie wird aber nicht eingesetzt. Im Gegenteil, die Verbraucher werden getäuscht und mit falschen Informationen zu Abgaswerten und Spritverbrauch hinters Licht geführt. Beim Dieselgipfel im Kanzleramt wurde dies bekanntlich von der Regierung akzeptiert und der Steuerzahler soll jetzt für die Folgen dieses Betrugs und der Deckung durch Staatsbehörden aufkommen. Ganz anders in den USA, wo Firmen Milliarden-Entschädigungen an Verbraucher zahlen müssen und Manager vor Gericht stehen.

Dass nun ausgerechnet die DUH dafür angegangen wird, dass sie den gesetzlich gesicherten Gesundheitsschutz einfordert, ist angesichts der Verantwortlichkeiten schon skurril. In einem funktionierenden Staatswesen ist das eigentlich eine selbstverständliche Aufgabe der staatlichen Organe und Behörden. Wie kann die Klage abgewendet werden? Die Stadt ist nach unserer Auffassung nach nicht in der Lage, ein schnell wirksames Maßnahmen-Bündel zu ergreifen. In der Pflicht ist die Bundesregierung - die leider beim Dieselgipfel die falschen Weichen gestellt hat. Wirklich wirksam ist jetzt nur eine Nachrüstung zumindest der neueren Dieselfahrzeuge.

Auch der oft angeführte Einstieg in die E-Mobilität erfordert eine bundesweit abgestimmte Strategie, die Planungssicherheit für Marktteilnehmer garantiert. Der von der Stadt Herne in Auftrag gegebene Masterplan klimafreundliche Mobilität beziffert die in Herne benötigten öffentlichen Ladesäulen für E-Autos auf 1.200 Stück bis 2030 und immerhin schon 300 Stück bis 2020 – das ist nicht mehr lange hin. Die Stadt selber ist allerdings auch nur schlecht für diese Aufgabe gerüstet. Bislang fehlt eine Planung für denkbare Orte und erst recht eine konkrete umsetzungsreife Planung. Lang- und mittelfristig könnten noch Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität des Fuß- und Radverkehrs durchgeführt werden. In Herne werden trotz der kompakten Stadt und der kurzen Wege, mehr Wege mit dem Auto zurückgelegt als im Bundesdurchschnitt. Und immerhin für 62 Prozent aller Wege bis drei Kilometer wird in Herne das Auto benutzt – ein sehr hoher Wert.

Auch wenn Maßnahmen die Fahrverbote aller Voraussicht nach nicht verhindern werden, weil eben nur Filter-Nachrüstungen der Industrie wirklich helfen werden, so sollte man die angebotenen Millionen für zukunftsfähige Mobilitätsprojekte keinesfalls ausschlagen, sondern pragmatisch für ohnehin anstehende Verbesserungen in Sachen Mobilität mitnehmen. Ich habe in diesem Zusammenhang vor allem auf die vielfältigen Kooperationsmöglichkeiten hingewiesen, die bei der Mittelverwendung ausgeschöpft werden sollten. Ich bat Oberbürgermeister Dr. Dudda, seinen Einfluss im Kommunalrat des Regionalverbandes Ruhr zu nutzen, um durch die neuen Mittel eventuell mögliche Verbundprojekte – wie beispielsweise Elektro-CarSharing, Elektrobike-Sharingsysteme oder verstärkte Nahverkehrsverbindungen oder Radschnellwege – über die Stadt- und Bezirksregierungsgrenzen hinweg frühzeitig aufeinander abzustimmen. Dr. Dudda sicherte zu, das Thema auf die Tagesordnung beim nächsten Kommunalrat zu setzen.

Beim Thema Wasserstoff ist zudem die Kooperation mit der Nachbarstadt Herten anzudenken. Auch wenn die Nachbarstadt ihre Vorschläge an die Bezirksregierung Münster senden muss, ist etwa die Einrichtung einer Wasserstoff-Tankstelle an der Stadtgrenze zu Herne sicherlich auch aus Herner Sicht wünschenswert. Sie darf daher auch auf der Liste der Maßnahmenvorschläge der Bezirksregierung Arnsberg, die für Herne zuständig ist, nicht fehlen. Viele Menschen würden gern mit elektrischer Unterstützung Fahrrad fahren, haben jedoch Probleme, die sehr schweren Fahrräder in den Keller zu tragen. Hier könnte die Wohnungswirtschaft mit ebenerdigen Lademöglichkeiten in Garagen oder unter Überdachungen helfen. Die Stadt Herne kann ihrerseits die Stellplatzsatzung entsprechend modernisieren, so dass Umwidmungen von Autoparkplätzen erlaubt werden.

Ich habe die HCR gebeten, zu überprüfen, ob die Anschaffung kleinerer Elektrobusse für die so genannten Schwachlastzeiten im öffentlichen Nahverkehr in Abstimmung mit Taxi-Unternehmen möglich sei. Es macht wenig Sinn, dass abends große Dieselbusse mit nur wenigen Fahrgästen unterwegs sind. Vielleicht lassen sich hier auch Car-Sharing-Lösungen gemeinsam mit Taxi- Unternehmen entwickeln, die diese Fahrzeuge tagsüber, wenn die Busse voll sind, anstelle ihrer Dieselfahrzeuge einsetzen, so dass sich die Anschaffung am Ende lohnt und auch die Umwelt profitiert. Bisher ist eine übliche Argumentation der Verkehrsbetriebe gegen kleinere Fahrzeuge, dass die Fahrtzeiten am Abend die Anschaffung solcher Fahrzeuge wirtschaftlich nicht rechtfertigt, da diese nur stundenweise benötigt würden. Die Mobilitätsdiskussion um umweltfreundliche, saubere Verkehrsmittel, die nun ins Rollen kommt, ist eigentlich längst überfällig. Schade, dass erst die Androhung von Fahrverboten die Mehrheiten auf die Idee bringt, nach neuen, zukunftsweisenden Mobilitätslösungen zu suchen. Selbstverständlich bringen wir Grüne uns gern konstruktiv in die Suche nach neuen Lösungen ein.“

Mittwoch, 13. September 2017 | Quelle: Sabine von der Beck