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Der Firmensitz von Schwing an der Heerstraße - der Vorwurf, dass mögliches Homeoffice erschwert oder abgewiesen wird, steht im Raum.

Mitarbeiter beschwert sich, Firma und Fachanwalt dazu befragt

Vorwurf: Schwing blockiert Homeoffice

Es ist (mal wieder) soweit: Seit Wochen steigen die Corona-Fallzahlen an oder bleiben auf einem hohen Niveau (halloherne berichtet täglich). Für viele Arbeitgeber und -nehmer bedeutet das wieder - zumindest teilweise oder komplett - Homeoffice, um die Büros und Betriebe zu entlasten und den Arbeitsschutz zu gewähren.

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Ende Juni 2021 war die Homeoffice-Pflicht vom Bund - für diejenigen, bei denen das Arbeiten von zu Hause aus möglich ist - ausgelaufen. Seitdem war es den Unternehmen freigestellt, ob sie das mobile Arbeiten weiter ermöglichen, eine Hybridlösung finden oder für eine Rückkehr ins Büro sind (halloherne berichtete).

Nach den größtenteils zufriedenstellenden Erlebnissen im ersten Corona-Winter greifen daher nun Firmen wieder vermehrt darauf zurück, ihre Mitarbeiter zu Hause zu lassen, um Infektionen im Betrieb zu vermeiden. Doch es gibt Ausnahmen - so schildert es zumindest ein halloherne-Leser, der bei der Firma Schwing in einem Bereich arbeitet, in dem Homeoffice möglich wäre. Um seinen Job nicht zu riskieren, möchte er anonym bleiben.

Zunächst lief es 'reibungslos'

Er schildert gegenüber halloherne: „Obwohl das Homeoffice zum Jahresanfang 2021 sechs Monate reibungslos lief, wird es nun nur sehr schwer gewährt. Der Belegschaft liegt keine offizielle Mitteilung über die weitere Verfahrensweise vor. Die Geschäftsleitung bietet mündlich ein 50/50-Abkommen an, jedoch nicht in allen möglichen Abteilungen. Dies wurde auch lediglich nur mündlich an die Vorgesetzten herangetragen, die es den Mitarbeitern sagen sollen.“

Weiter führt der Mitarbeiter aus: „Es wird massiv versucht, Gründe zu finden, das Homeoffice nicht zu erlauben. Gründe, die jedoch nicht existent sind, weil der Erfolg in den ersten Monaten sehr gut war. Mitarbeiter, die sich beschweren, werden ohne Begründung abgewiesen.“

Rechtsanwalt Peter König von der Kanzlei Heinz - Peters - König, er ist Fachanwalt für Arbeitsrecht.

Gerne hätte die halloherne-Redaktion an dieser Stelle die Verantwortlichen von Schwing, dessen Sitz an der Heerstraße liegt, zu den Vorwürfen und mehreren dazu gehörigen Fragen Stellung beziehen lassen. Jedoch blieb jeweils eine telefonische als auch schriftliche Anfrage nach angemessener Wartezeit unbeantwortet. Auf Nachfrage hieß es von der kontaktierten Mitarbeiterin des Unternehmens: „Ihre Anfrage wurde an die zuständige Stelle weitergeleitet. Wenn dann keine Antwort kam, möchten wir uns dazu nicht äußern.“ Bereits im April 2021 blieb eine Anfrage der Redaktion zur damals noch angedachten Corona-Schnelltestpflicht in Unternehmen unbeantwortet.

Verpflichtung, außer bei zwingenden betriebsbedingten Gründen

Um dennoch Klarheit in der aktuellen Angelegenheit zu schaffen, befasste sich auf Anfrage von halloherne Rechtsanwalt Peter König von der Kanzlei Heinz - Peters - König, die am Westring ihren Sitz hat, mit dem Thema. König ist Fachanwalt für Arbeitsrecht. „Nach dem aktuell gültigen Infektionsschutzgesetz, welches auch im Internet nachzulesen ist, muss der Arbeitgeber bei Büroarbeit oder vergleichbaren Tätigkeiten der Verpflichtung nachkommen, dem Beschäftigten Homeoffice anzubieten - außer, es sprechen zwingende betriebsbedingte Gründe dagegen“, erläutert Peter König. Der zugehörige Paragraf lautet 28b, Absatz 4.

Solche „zwingende betriebsbedingte Gründe“ könnten nach Einschätzung vom Fachanwalt verschieden sein. „Zum Beispiel, wenn die Betriebsabläufe ohne den zuständigen Mitarbeiter, der nicht mehr vor Ort wäre, erheblich eingeschränkt oder gar nicht mehr laufen würden. Es könnten aber auch Datenschutzgründe dagegen sprechen, wenn beispielsweise die Gefahr der Industriespionage gegeben wäre“, sagt der Anwalt, der seit 2004 Partner der Kanzlei ist. „Technische oder organisatorische Gründe, beispielsweise fehlende IT oder unzureichende Ausstattung, können aber nur vorübergehend gelten. Diese müssen vom Arbeitgeber zügig behoben oder verbessert werden.“

Homeoffice hat in der Corona-Pandemie aus mehreren Gründen enorm an Bedeutung gewonnen (Symbolbild).

Auch der mangelnde Arbeitsschutz könne zu einem Arbeiten im Betrieb führen, wenn zum Beispiel zu Hause langfristige körperliche Beeinträchtigungen zu befürchten wären. „Ganz abstrakt stehen auch die Kosten auf der Liste. Wenn es das Unternehmen viel Geld kostet, Homeoffice zu ermöglichen, wäre dies auch ein betriebsbedingter Grund“, sagt der Experte.

Mitarbeiter haben Beschwerderecht

Aber was können Arbeitnehmer nun tun, wenn die Firma sich quer stellt? „Jeder Mitarbeiter hat ein Beschwerderecht. Zuerst gilt immer, mit dem Arbeitgeber sprechen und eine Lösung finden. Hilft das nicht, kann man das Gewerbeaufsichtsamt informieren. Dazu steht die Möglichkeit offen, das Homeoffice vor Gericht einzuklagen“, rät Fachanwalt Peter König.

Wichtig sei, dass nach dem aktuellen Gesetz kein Bußgeld für Firmen droht, wenn sie der Verpflichtung zum Angebot von Homeoffice nicht nachkommen. „Erst wenn es eine örtliche Anordnung gibt, droht bei einem Verstoß ein Bußgeld“, berichtet der Rechtsanwalt.

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„Die Verpflichtung zum Homeoffice gilt übrigens auch anders herum. Beschäftigte haben das Angebot anzunehmen, wenn nicht eigene Gründe dagegen stehen. Diese können aber vielseitiger sein, beispielsweise wenn zu Hause die Kinder herumlaufen und darunter die Arbeitsleistung aufgrund mangelnder Konzentration leiden könnte“, merkt König abschließend an.

Mittwoch, 8. Dezember 2021 | Autor: Marcel Gruteser