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Claudia Reifenberger.

Claudia Reifenberger

Weihnachtsansprache Superintendentin

Zuerst war da nur Sand. Eine Menge Sand. 40 Schubkarren voller Sand haben wir ins Gemeindehaus gefahren. Eine einzige Wüste. Im Laufe von drei Wochen veränderte sie sich. Was uneben war, machten die Kindergartenkinder glatt und in die Mulden füllten sie Sand. Bald siedelten sich Tiere an und Pflanzen wuchsen rund um die Oasen.

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Die Kinder machten auch Wege und Straßen. Und mit der Zeit veränderte sich die Wüste. In jeder Woche im Advent mehr. „Eine Stimme ruft: Bahnt in der Wüste einen Weg für den Herrn! Ebnet unserem Gott in der Steppe eine Straße! Alle Täler sollen aufgefüllt werden, Berge und Hügel abgetragen. Das wellige Gelände soll eben werden und das hügelige Land flach. Der Herr wird in seiner Herrlichkeit erscheinen, alle Menschen miteinander werden es sehen. Denn der Herr selbst hat es gesagt.“

Die Kindergartenkinder sind mit Begeisterung dabei. Jedes Jahr wieder. Und ich bin es auch.

Eingebettet in diese Verwandlung der Wüste ist die Geschichte einer Frau und eines Mannes. Maria und Josef, unterwegs nach Bethlehem. Auf dem Weg, den die Kinder gebahnt haben, kommen sie ihrem Ziel immer näher. Woche für Woche.

Das Dorf Bethlehem liegt am Rand der Wüste. Bald sind sie da.

Bald ist Weihnachten. Die Spannung steigt. Von Woche zu Woche werden die Kindergartenkinder unruhiger.

Und dann sind Maria und Josef am Ziel. Im Dorf gibt es keinen Platz für sie, aber in einem Stall kommen sie unter.

Und dort geschieht das Wunder. Ein Kind wird geboren. Die Futterkrippe der Tiere wird sein Bett.

Und dieses Wunder geschieht tatsächlich auch im Gottesdienst mit den Kindern. Es gibt einen Augenblick, in dem ist für mich Weihnachten geworden all die Jahre. Zuverlässig.

Immer.

Das Jesuskind passt in eine Hand.

Zu den Krippenfiguren gehört das Jesuskind. Eine kleine Figur aus Holz, so geformt, dass sie gerade in die Innenfläche einer Hand passt.

„Der Herr wird in seiner Herrlichkeit erscheinen, alle Menschen miteinander werden es sehen.“

Die Kindergartenkinder sehen und verstehen. Dem ersten lege ich das Kind in die offene Hand, behutsam gibt es das Kind weiter. So kommt es von einem zum anderen. Und das Größte: es ist vollkommen still im Raum. - - - Wie ein kostbarer und zerbrechlicher Schatz wechselt es die kleinen Hände, die seine Krippe sind.

Ein großes Geheimnis. Die Kindergartenkinder sehen und verstehen.

In dem Kind in der Krippe ist der große und unbegreifliche Gott zu den Menschen gekommen. Diese Paradoxie formulieren viele Weihnachtslieder. Gott ist Mensch geworden.

Auch wenn der Blick auf die Weihnachtskrippe mit dem Kind uns vertraut ist, müssen wir uns doch immer wieder diese unglaubliche Tatsache ins Gedächtnis rufen:

Gott, der Schöpfer der Welt, ist als ein kleines, hilfloses Baby auf die Welt gekommen.

Als in Windeln gewickeltes Kind.

Der bekannte Journalist der Süddeutschen Zeitung, Heribert Prantl, nennt es eine Provokation, die man nicht hoch genug einschätzen könne:

„Wenn man die Messiasse von heute anschaut, die nicht in Windeln gewickelt, sondern in Unrecht verwickelt sind, die im Privatjet zur Erde kommen oder im Slim-Fit-Anzug einherschreiten, dann versteht man mit einigem Vergnügen die Ironie des Lukas, der die aberwitzige Chuzpe hatte, so von einem Gottessohn und Messias zu reden, und der damit die Welt auf den Kopf stellte.“

Der christliche Gott ist der einzige, der seinen Frieden nicht mit Macht und Gewalt durchsetzen will, sondern den Weg über ein hilfloses Kind wählt.

In der Stille des Gottesdienstes mit den Kindergartenkindern, da habe ich gesehen und gespürt, was Paul Gerhardt im Weihnachtslied dichtet:

„Da ich noch nicht geboren war, da bist du mir geboren.“

Der da an der Krippe singt, merkt: Es geht um das ganze Leben. Um die eigene Existenz und die Beziehung zwischen diesem Kind und mir. Mein eigenes Leben ist mit dem Jesuskind verflochten. Bevor ich selbst das Kind kannte und lieben konnte, wurde ich schon von diesem Kind geliebt.

„Eh ich durch deine Hand gemacht, da hast du schon bei dir bedacht, wie du mein wolltest werden.“

Sein Leben verdankt das Ich an der Krippe diesem Kind, und nicht nur das, der Schöpfergott selbst ist es, der mit seinem Geschöpf zusammenleben möchte. Der Schöpfer war von Anfang an darauf aus, mit den Menschen Gemeinschaft zu haben und ihnen nahe zu sein.

Der da singt, ist so überwältigt, dass er nicht anders kann, als dem Kind sein Herz, sich selbst als Krippe zu öffnen, damit es darin gebettet werden kann:

„Eins aber, hoff ich, wirst du mir, mein Heiland nicht versagen: dass ich dich möge für und für in, bei und an mir tragen. So lass mich doch dein Kripplein sein; komm, komme und lege bei mir ein dich und all deine Freuden."

Er öffnet sich, um Jesus immer in sich und bei sich zu tragen. Weil für ihn die Krippe der Ort der Ankunft Gottes ist, möchte er selbst zur Krippe werden. Er lädt ihn ein, wobei er sich ganz sicher ist, dass sein Heiland ihm diese Bitte nicht verwehren wird. Er ist ganz sicher, dass sein Heiland die Einladung annehmen wird, denn er will ja bei den Menschen sein. Das ist die Botschaft an Weihnachten für jeden und jede persönlich: Gott kommt nicht so allgemein in die Welt, sondern er möchte in das Zentrum unserer Person, in unser Herz, einziehen.

Zuerst war da nur Sand. Eine Menge Sand. 40 Schubkarren voller Sand haben wir ins Gemeindehaus gefahren. Eine einzige Wüste. Im Laufe von drei Wochen veränderte sie sich.

Den Choral „Ich steh an deiner Krippen hier“, den kennen die Kindergartenkinder nicht. Aber ich bin mir ganz sicher, dass sie die Einladung verstanden haben. Die Einladung, die Botschaft von Weihnachten für sich ganz persönlich zu erfahren:

Christus möchte in mir zur Welt kommen. Diese Botschaft ist seit 2000 Jahren dieselbe: Jesus ist an Weihnachten „mein geworden".

Martin Luther formulierte das so:

„Das also will dies Kind von uns: dass es von uns getragen werde. Es will von uns getragen sein damit wir schließlich sagen kö nnen: Dies Kind ist mein. Davon wird dann das Herz weit und stark. Es ist wahrlich wunderbar, wie solch großer Schatz sich in dem engen Rä umlein eines Herzens einschließen lä sst. So würde das Herz mit aller Freude durchgossen und würde mutig wider alle Anfechtung: Wer wollte auch dem etwas tun, der mit Christus im Glauben ein Ding geworden ist?“

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Ich wünsche Ihnen ein gesegnetes Weihnachtsfest!

Donnerstag, 22. Dezember 2022 | Autor: Arnd Röbbelen/ Evangelischer Kirchenkreis
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