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Weitere Klageerfolge gegen Sinterwerke

Was sich bereits am Dienstag (12.1.2016) vor der zweiten Kammer des Arbeitsgerichts andeutete (halloherne berichtete "Anlagebetreuer setzte sich gegen Sinterwerke durch"), hat sich am Mittwoch (13.1.2016) vor der sechsten Kammer des Arbeitsgerichts unter Vorsitz von Richterin Lohölter in zwei weiteren Verhandlungen fortgesetzt.

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Bei der Sozialauswahl zur Freisetzung von insgesamt 34 von 215 Arbeitnehmern der Sinterwerke Herne an der Forellstraße, nach wochenlangen Verhandlungen zwischen Betriebsrat und der Geschäftsführung des in Eigenverantwortung geführten Insolvenz-Unternehmens (Schutzschirmverfahren) über einen Standort-Sicherungsvertrag bis 2019 im Sommer letzten Jahres ausgehandelt, wurden nach Auffassung des Arbeitsgerichts unheilbare Formfehler begangen. Damit erhöht sich die Zahl der mit ihrer Klage gegen die betriebsbedingten Kündigungen von Ende August zum 30. November 2015 erfolgreichen Arbeitnehmer aus dem Kreis der Anlagenbetreuer auf vier. Weitere Kammertermine stehen noch bis Ende März aus.

Zur Rettung des Nachfolgeunternehmens von BTMT wegen der Aufgabe der Magnetfertigung für den Hauptkunden Bosch hatten sich die 2013 noch mit 240 Arbeitnehmern neu gestarteten Sinterwerke im Juni zum Insolvenzantrag entschlossen, um dann mit Betriebsrat und der IG Metall über einen Standort-Sicherungsvertrag zu verhandeln. Ergebnis: Bei Fortführung des Unternehmens mit nur noch 181 Arbeitnehmern, die pro Woche drei Stunden länger ohne Lohnausgleich arbeiten und tiefe Einschnitte bei Weihnachts- und Urlaubsgeld hinnehmen sollten, müssten 34 Arbeitsplätze abgebaut werden.

Das Angebot, sechs Monate mit 75 Prozent des letzten Lohns in eine für das Unternehmen kostengünstige Transfergesellschaft zu wechseln, die auch aus Mitteln des Transfer-Kurzarbeitergeldes und Aufstockungsgeldern der öffentlichen Hand gefördert wird, nahmen zwölf Betroffene an. Die übrigen zogen mit anwaltlicher Hilfe bzw. mit Unterstützung des DGB vor das Arbeitsgericht. Das konnte in einigen Fällen die Verfahren durch Vergleiche beenden, wobei sich die oft langjährig beschäftigten Arbeitnehmer mit einer Abfindung von zweieinhalb Monatsgehältern zufrieden gaben (halloherne berichtete mehrfach).

Vier Kläger blieben erfolgreich. Und auch am Dienstag legten die Rechtsanwälte Dr. Benninghoven und seine Kollegin Riedel den juristischen Finger wieder in die entscheidende Wunde: Das Zustandekommen der Sozialauswahl erst, nachdem die nach Ansicht des Unternehmens ohnehin unverzichtbaren "Leistungsträger" zuvor aus dem Kreis der zu Vergleichenden "herausgenommen" worden waren. Sozialauswahl einmal umgekehrt, hatte es Arbeitsrichter Kallenberg schon am Dienstag formuliert.

Dr. Benninghoven formulierte diese Rüge als Diskrepanz zwischen Standort-Sicherungsvertrag und der dazu gehörenden Anhörung des Betriebsrats. Und seine Kollegin Riedel kritisierte in zwei Fällen konkret, "dass bei der Herausnahme der Leistungsträger vor der Sozialauswahl in zwei Altersgruppen Fehler gemacht wurden."

Der Hamburger Rechtsanwalt Hölck malte vergeblich das düstere Szenario für den Fall an die Wand, dass noch mehr Kläger auf dem Rechtsweg erfolgreich sein sollten. "Dann steht hinter Allem wieder ein Fragezeichen, und das hat die Restbelegschaft nicht verdient." Das Unternehmen sei trotz Fortschritten bei der wirtschaftlichen Genesung und auch mit der Zustimmung der Gläubiger im Rücken noch immer nicht aus den roten Zahlen.

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"Unser Ziel einer schwarzen Null ist bei Weitem noch nicht erreicht, und die Wiedereinstellung von weiteren Gekündigten kann das Unternehmen in diesem Jahr mit rund einer halben Million Euro zusätzlich belasten," so der Hamburger Anwalt. Zum Abschied wies der Anwalt darauf hin, dass es beim Nichterreichen einer "wirtschaftlichen Genesung" eine neue Kündigungswelle geben könne. (AZ 6 Ca 2255 und 2238/15)

Donnerstag, 14. Januar 2016 | Autor: Helge Kondring