Islamische Gemeinde in Röhlinghausen
'Weltfrauentag oder feministischer Kampftag'
Anlässlich des Weltfrauentages am Dienstag (8.3.2023) erreichte dieses Statement der Frauen der islamischen Gemeinde in Röhlinghausen die halloherne-Redaktion:
„Der Weltfrauentag oder auch der internationale feministische Kampftag, dient als wichtige Erinnerung daran, dass Frauen weltweit immer noch mit Ungleichheit, Diskriminierung und Gewalt zu kämpfen haben.
Der Weltfrauentag ist ein wichtiger Schritt in Richtung einer gerechteren und inklusiveren Welt. An diesem Tag soll auf die Bedürfnisse der Frauen und auf verschiedenste Ungerechtigkeiten aufmerksam gemacht werden. Der Tag bietet eine Gelegenheit, diese Probleme zu thematisieren, Bewusstsein zu schaffen und die Öffentlichkeit auf die Notwendigkeit von Veränderungen hinzuweisen.
Zu betonen ist, dass es „Weltfrauentag“ heißt. Es geht also nicht nur um muslimische oder nicht-muslimische Frauen. Es geht nicht nur um die Belange der Frauen in Deutschland. Es geht um alle Frauen.
Unsere Emanzipation und Solidarisierung hat, wie vieles andere auch, immer religiöse, ideologische oder weltanschauliche Grenzen.
Wir reden nicht genug über die Missstände, unter denen Frauen in angeblich islamischen Ländern stark leiden. Wir prangern nicht laut genug die patriarchalen Strukturen in unseren Herkunftsländern an. Wir diskutieren in Moscheegemeinden wenig über die Frauenrechtslage in Saudi-Arabien, der Türkei oder Afghanistan.
Wir haben Schwierigkeiten damit, laut auszusprechen, dass der Verschleierungszwang im Iran und Afghanistan nicht nur unmenschlich, sondern auch unislamisch ist.
Es sind aber nicht nur Missstände im Ausland oder in den sogenannten „islamischen“ Ländern, über die wir zu wenig sprechen.
Wir kritisieren auch wenig unseren eigenen Standpunkt, wenn es um Frauenrechte geht. Wir üben wenig Selbstkritik an unserer Auffassung der Frauenrechte. Unsere Perspektive ist eine weiße, blonde und vor allem eurozentrische.
Alles, was nicht in das Schema der „aufgeklärten, unverschleierten weißen Frau“ passt, wird als rückständig und unterdrückt betitelt. Das ist falsch.
Entscheidet sich eine Muslima als Hausfrau zuhause zu bleiben, wird sie von ihrem Mann und ihrer Religion dazu gezwungen, sie gilt als „unterdrückt“.
Entscheidet sich eine Muslima zu studieren oder einer Ausbildung nachzugehen und will dabei ein Kopftuch tragen, muss sie Diskriminierungen im Bildungssystem und auf dem Arbeitsmarkt ertragen.
Aus „Neutralitätsgründen“ wird den meisten sogar ein Praktikum verwehrt. Jüngste Beispiele sind die Vorfälle in Herner Krankenhäuser.
Wir, die Frauen der islamischen Gemeinde Röhlinghausen, laden alle dazu ein, ihren eigenen Standpunkt und ihre Prioritäten zu hinterfragen und zu verstehen, dass jede Frau eine andere Vorstellung eines gleichberechtigten Lebens hat.
Das sollte nicht nur am 8. März zum Weltfrauentag geschehen, sondern jeden Tag aufs Neue. Auch wenn es einem schwerfallen mag. Alles Gute zum Weltfrauentag!"