
Dr. Michael Rosenkranz zu Gast
Zur 1700-jährigen Geschichte der Juden
Dr. Michael Rosenkranz, Vorsitzender des Gemeinderates der Jüdischen Gemeinde Bochum, Herne und Hattingen, war am Sonntag (7.11.2021) zu Gast in der Islamischen Gemeinde Röhlinghausen. In nur zwei Stunden gelang es ihm, die 1700-jährige Jüdische Geschichte in Europa, Epoche für Epoche bildhaft erzählen. Tuncay Nazik von der Islamische Gemeinde ist sich sicher: „Damit sich die Geschichte nicht wiederholt, muss man Lehren aus der Vergangenheit ziehen.“
Dr. Michael Rosenkranz erklärte in seinem Vortrag „Nach dem Holocaust war für das rassistische und antisemitische Feindbild gegen Juden kein Platz mehr in Deutschland. Mit dem Anwerberabkommen von 1961 sehen wir, dass ein neues Feindbild entstand. Und das sind die Muslime. Rassisten hören nicht auf, weil Antisemitismus verboten ist. Sie suchen sich neue Hassobjekte. Wir dürfen nicht zulassen, dass Muslime, LGBTQ+ Leute (lesbisch, schwul, bisexuell und transgender Anm.d.Red.) oder andere Minderheiten zu Hassobjekten werden“, so Rosenkranz.

Das Judentum ist mehr als nur der Holocaust. Die 1700-jährige Geschichte der Juden in Europa zeichnet sich durch Höhen und Tiefen aus. Wobei Tiefen mehr Raum einnehmen als die Höhen. Die tragische Geschichte der Juden fängt an, als Konstantin zum Christentum konvertierte und später das Christentum Staatsreligion des Römischen Reiches wurde. Allerdings fand die Tragödie seinen Höhepunkt, als den Juden vorgeworfen wurde “Gottesmörder“ zu sein.
Im Laufe der Jahrhunderte kamen noch mehr Vorwürfe dazu. Der Ritualmord, Hostienschändung, Brunnenvergifter. In vielen Ländern Europas wurden die Juden zu Freiwild erklärt. Sie mussten sich die sogenannten „Schutzbriefe“ teuer erkaufen, um halbwegs in Sicherheit zu leben. Mit Napoleon kam auch die Erleichterung für die jüdische Gemeinschaft. Sie wurden als gleichberechtigte Bürger in die Gesellschaft integriert. So konnten sie studieren und auch ihren bis dahin verwehrte Berufe ausüben.

Das deutsche Judentum ist allerdings nicht nur mit der Ermordung der Juden beispiellos. Auch die jüdische Aufklärung hat ihren Ursprung in Deutschland. Moses Mendelssohn war ein guter Freund von Ebrahim Lessing. Er hat die Tora ins Hochdeutsche übersetzt und bewegte seine Glaubensbrüder dazu auch weltliche Fächer wie Medizin, Jura und ähnliches zu studieren.
Im 19. Jahrhundert kam es dann zur Spaltung im Judentum: Das orthodoxe, konservative, liberale und progressive Judentum entfalteten sich.
Ab dem 18. Jahrhundert entstand eine neue Form der Judenfeindschaft. Bis dahin war der Antisemitismus religiös begründet. Ab hier kamen auch die rassistischen Elemente ins Spiel. Von Wilhelm Mar wurde die erste Antisemiten-Liga gegründet.
1933 wurde Hitler zum Reichskanzler ernannt. 1942 wurde die Endlösung der Judenfrage in Gang gesetzt.
Begegnung mit Anderen ist wichtig
Auf die Frage was wir dagegen tun können, gab Dr. Rosenkranz an alle, die an einem friedlichen Zusammenleben interessiert sind, folgenden Ratschlag: „Unkenntnis führt zu Angst und Angst ist eine schlechte Ratgeberin. Wir müssen mehr Begegnung mit Andersdenkenden und Andersglaubenden wagen und uns näher kennenlernen.“
„Die islamische Gemeinde Röhlinghausen ist ein gutes Beispiel dafür, wie es funktionieren kann", so lobte Dr. Rosenkranz zum Abschluss der Veranstaltung..