Zwei riesige Badewannen unter der Erde
Zumindest gedanklich sind dies die Ausmaße für den neuen Regenrückhalteraum - so die offizielle Bezeichnung - der momentan an der Sodinger Straße in Börnig entsteht. Noch bis kommenden Juni werden dort im Auftrag von Stadtentwässerung Herne GmbH & Co. KG, kurz SEH, tonnenschwere Betonfertigteile in einer Baugrube zusammengefügt. Das Ziel: ein unterirdischer Zwischenspeicher mit einem Volumen von 1.100 m³, was in etwa der Füllung von 7.500 handelsüblichen Badewannen entspricht. halloherne hat sich am Freitag (19.3.21) auf der Baustelle umgesehen.
Starkregenereignisse überlasten die Kanalisation.
Im Bereich Sodinger Straße, zwischen dem Gewerbegebiet Friedrich der Große und der A 42-Anschlussstelle Herne-Börnig, kommt es bei Starkregen zur Überlastung der Kanalisation. Überlaufende Kanäle führen zu Rückstau und Überflutungen. „Um diesen Missstand zu beseitigen“, so Sascha Köhler, technischer Betriebsleiter der SEH, „entsteht dort der neue Regenrückhalteraum.“ Allerdings, im Vergleich zu ähnlichen Anlagen im Stadtgebiet, in einer neuen, größeren Dimension. Bei sehr starken Regenfällen wird das Wasser zunächst zwischengespeichert, um es dann dosiert in das Kanalnetz einzuleiten: Der Ablauf des Regenrückhaltebeckens erfolgt gedrosselt mittels einer Pumpstation und eines elektronisch gesteuerten Schiebers über eine Druckrohrleitung an die vorhandene Kanalleitung. So wird die Wassermenge je nach Wasserstand auf maximal 200 Liter pro Sekunde begrenzt.
Der neue Regenrückhalteraum liegt im Vorflutbereich des angrenzenden Landwehrbachs. Dieser wiederum entwässert zum neuen Abwasserkanal Emscher (AKE), wo Schmutz- und Oberflächenwasser getrennt werden. Somit ist der neue Regenwassersammler ein weiterer Baustein im Hochwasser- und Überflutungsschutz. Nach einer unwetterbedingten Flutung werden die Profile automatisiert gereinigt, damit für den folgenden Einsatz Schmutz, Blätter und Äste nicht die Pumpen verstopfen. Überwacht, wie auch die rund 30 weiteren Rückhaltesysteme im Stadtgebiet, wird die Anlage von einer zentralen Leitstand auf dem Gelände der Stadtwerke am Grenzweg. Kameras ermöglichen sogar aus der Ferne den Blick in das Innere, bevor ein Mitarbeiter an Ort und Stelle über einen Schacht einsteigen muss.
Baukastenprinzip
Auf einer Fläche zwischen Ruhrstadt-Arena und der städtischen Kita an der Sodinger Straße liegt die rund 15 x 50 Metern große Baugrube mit einer Tiefe von 6,30 Metern. Die Bauausführung hat die Klaus Stewering GmbH aus Borken übernommen. Das Unternehmen ist spezialisiert auf Tief-, Kanal-, Erdkabel- und Ingenieurbau. Die zwischen 38 und 43 Tonnen schweren Betonfertigteile werden nach und nach eingesetzt und mit Erdreich abgedeckt. Pro Stück sind sie stolze 4,60 Meter breit, 2,80 Meter hoch und 2,70 Meter tief. So wandert die Baustelle mit den parallel verlaufenden Röhren Stück für Stück in östliche Richtung. Gefertigt in Emsbüren werden die eckigen Kastenprofile mit einem Schwertransporter einzeln nach Herne transportiert und an Ort und Stelle zusammengefügt. Umlaufende Gummidichtungen sorgen für eine Dichtigkeit des Reservoirs. „Mehr geht nicht“, erläutert Sascha Köhler, „größere Teile sind unwirtschaftlich in der Herstellung und können nicht ohne weiteres auf der Straße transportiert werden. Immerhin: die Technik ist gegenüber der vor 10, 15 Jahren schon viel weiter."
Das geplante Investitionsvolumen liegt bei 1,725 Mio Euro. Die voraussichtliche Fertigstellung soll im kommenden Juni sein. Dann wird bis auf die Abdeckungen für vier kleine Zugangsschächte an der Oberfläche nichts auf die darunter liegenden beiden gigantischen Badewanne hindeuten. Und auch Hunde können sich wieder auf der Wiese tummeln.